Christian Friese

Zur Aufnahme

Mit der vorliegenden Aufnahme möchten wir die klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes vorstellen und selten gespielte spanische Originalmusik aus der Entstehungszeit der Orgel präsentieren. Darüber hinaus soll durch abwechslungsreiche Registrierung und mit Werken aus anderen Ländern und Epochen auch dem interessierten Laien angenehme Unterhaltung geboten werden.

Zu den Besonderheiten original erhaltener, alter Orgeln zählt die sogenannte 'ungleichschwebende' Stimmung. Im vorliegenden Fall ist es eine 'mitteltönige' Stimmung, bei einer Stimmtonhöhe von ca. 415 Hz für das a', im Gegensatz zu 440 Hz heutzutage. Bei derartigen Stimmungen werden Tonarten mit wenigen Vorzeichen wie F-Dur, C-Dur oder G-Dur sehr rein im Klang wiedergegeben. Tonarten wie Des-Dur oder H-Dur dagegen klingen für heutige Ohren fast unerträglich verstimmt. Die Komponisten früherer Zeiten haben mit diesen Tonarten-Charaktern ganz bewußt gearbeitet. Ein typisches Beispiel findet sich im 'Recit de flutes' von Guilleaume Lasceux (Nr. 19). Etwa in der Mitte erklingt plötzlich eine Zeile in ausgesprochen scheußlichem Des-Dur im Gegensatz zur wunderbar reinen Haupttonart F-Dur. Auch das 'Adagio für Glasharmonika' von W.A.Mozart (Nr. 13) bietet etliche stimmungsbedingte Herbheiten, die jedoch die wunderbare Atmosphäre des Stückes eher bereichern als stören.

Scheinbar störend wirken anfangs auch die vielen Nebengeräusche. Bei einer Aufnahme mit einem sehr kleinen und alten Instrument sind sie aufgrund des geringen Mikrophonabstandes und der klapprigen Mechanik nicht zu vermeiden. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase verschwinden sie für das Ohr jedoch hinter dem weitaus interessanteren Klang der Pfeifen.

Die Windversorgung der Orgel ist, wie schon erwähnt, zweifach angelegt. Das Motorgebläse bietet sehr stabile Luftversorgung, die aber im Gegensatz zum handgeschöpften Wind eher kalt und starr wirkt. Bei Handbetrieb, der vom sogenannten 'Kalkanten' größte Sorgfalt verlangt, lassen sich zwar kleine Tonhöhendifferenzen durch den unterschiedlichen Winddruck nicht vermeiden, der Gesamteindruck ist jedoch, durchaus wahrnehmbar, lebendiger und edler.

Manche Orgeln bieten die Möglichkeit, auf die rechte und linke Tastaturhälfte gleichzeitig verschiedene Register ziehen zu können. Dadurch lassen sich auf nur einer Klaviatur Solo- von Begleitstimmen deutlich abheben. Bei unserer Spanierin liegt der Trennungspunkt, gemäß der iberischen Tradition, einen Halbton höher als bei anderen europäischen Instrumenten, also zwischen c' und cis'. So lassen sich entsprechende Werke der altspanischen Orgelmusik, die zur Realisierung auf anderen Orgeln mehrerer Manuale und Pedal bedürfen, hier bequem auf einer Tastatur spielen. Als Beispiele hierfür sollen Nr. 4 und Nr. 16 dienen.

Preziosen besonderer Art sind auch die sogenannten 'Flötenuhrstücke' Nr. 9 - 12. Sie wurden im Barock für kleine Uhren komponiert, bei denen gleichzeitig mit dem Uhrwerk zu jeder vollen Stunde ein kleiner Blasebalg aufgezogen wurde, der dann mit den nur wenigen und kleinen Pfeifen dieser 'Flötenuhr' ein kurzes Stückchen erklingen ließ. Haydn, Mozart und Beethoven lieferten die adäquaten musikalischen Vorlagen für diese kleinen mechanische Meisterwerke.